In der Artikelserie Mythos Stadthalle beleuchtet kac.at bis zum Bezug der Heidi Horten-Arena im Herbst 2022 die reichhaltige Geschichte jener Spielstätte, die der KAC bzw. EC-KAC mehr als sechs Jahrzehnte lang seine Heimat nennen konnte. Im wöchentlichen Abstand werden 63 Schlaglichter auf die 63 Stadthalle-Saisonen der Rotjacken geworfen: Große Triumphe und bittere Niederlagen, denkwürdige Spiele und Persönlichkeiten – jeweils eine Anekdote pro Spielzeit.
Zuschauerausschreitungen und Spielabbruch
14.01.1975 / Klagenfurter AC – ATSE Graz (bei 3:4 abgebrochen)
In der Saison 1974/75 zeichnete sich nach elf KAC-Meistertiteln hintereinander eine Wachablöse an der Spitze der heimischen Bundesliga ab: In der ohne Playoffs ausgetragenen Meisterschaft konnten die Rotjacken nur elf ihrer ersten 19 (von 28) Partien gewinnen. Als am 20. Spieltag der überlegene Leader ATSE Graz (31 Punkte) beim Zweiten in Klagenfurt (25 Punkte) zu Gast war, stellte die Begegnung für Rot-Weiß de-facto ein „Spiel der letzten Chance“ hinsichtlich der Titelverteidigung dar. Der KAC startete gut, zwei Treffer von Rudolf König im ersten Abschnitt bedeuten eine 2:0-Führung. Ab der ersten Pause hatten sich die Steirer jedoch besser auf die teils überharte Gangart der Rotjacken, die in einer Vielzahl an Ausschlüssen Niederschlag fand, eingestellt. Als kurz nach dem Ausgleich des ATSE eine weitere Hinausstellung gegen die Hausherren ausgesprochen wurde, regnete es förmlich Gegenstände auf das Spielfeld, für knapp 15 Minuten musste die Partie unterbrochen werden, um die Eisfläche wieder zu reinigen. Die Begegnung, an deren unrühmlichem Ende 13 Zwei-Minuten-Strafen, eine Fünf-Minuten-Strafe und drei Disziplinarstrafen gegen KAC-Spieler zu Buche standen, konnte vorerst fortgesetzt werden: Die Gäste schrieben zwei weitere Male an, gut vier Minuten vor dem Ende verkürzte Igor Dmitriev noch einmal auf 3:4. Die Rotjacken drängten auf den Ausgleich, eine neuerliche Strafzeit gegen Verteidiger Anton Kenda brachte das sprichwörtliche Fass jedoch zum Überlaufen: Ohne Unterlass flogen aus dem Publikumsbereich Gegenstände auf das Eis, die Schiedsrichter Walter Wieser und Harald Westreicher (der folgend in seinem Spielbericht vermerkte, in dieser Situation von einem Stück Holz am Kopf getroffen worden zu sein) entschieden sich nach 56:25 Spielminuten dazu, die Begegnung vorzeitig abzubrechen. Die Bestrafung des KAC durch die zuständigen Verbandsgremien fiel hart aus: Die Begegnung wurde mit 0:5 Toren und 0:2 Punkten strafverifiziert, wodurch auch die letzte realistische Chance auf die Titelverteidigung dahin war. Die beispiellosen Zuschauerausschreitungen führten zudem zu einer Geldstrafe und einer Platzsperre gegen die Rotjacken: Die Klagenfurter mussten ihr nächstes Bundesliga-Heimspiel – am 28. Januar gegen Kapfenberg – auswärts austragen.
Die Olympiasieger in der Stadthalle
30.01.1976 / Klagenfurter AC – UdSSR (4:11)
Wie schon im Jahr 1964 wurde auch im Vorfeld der Olympischen Winterspiele 1976 in Innsbruck eine terminlich stark gestraffte Saison in Österreichs höchster Liga abgewickelt: Bereits am 10. Januar kehrte der KAC mit einem 5:0-Heimerfolg über den späteren Vizemeister aus der Tiroler Landeshauptstadt vorzeitig auf den Meisterthron zurück. Im Nachgang der am 20. Januar endenden Bundesligasaison durften die Rotjacken noch prominente Testspielgegner in der Stadthalle begrüßen: Nach einem 3:7 gegen den SC Uritskogo Kazan aus der Sowjetunion und einem 4:8 gegen TJ České Budějovice aus der Tschechoslowakei gastierte am 30. Januar 1976 niemand geringerer als das Nationalteam der Sowjetunion, dessen Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Innsbruck ein Freundschaftsspiel gegen den KAC inkludierte, in Klagenfurt. Die Aufstellung der Rotjacken in dieser Partie hatte allerdings nur wenig mit der aus der Liga bekannten Stammbesetzung zu tun: Weil die Kärntner auf ihre vier im österreichischen Olympiakader stehenden Schlüsselspieler Rudolf König, Josef Puschnig, Herbert Pöck und Alexander Sadjina verzichten mussten, wurde das KAC-Lineup um gleich sieben Akteure aus dem sowjetischen Team ergänzt. So trugen an diesem Abend Torhüter Alexander Sidelnikov, die Verteidiger Sergei Babinov und Vladimir Lutchenko sowie die Angreifer Alexander Maltsev, Viktor Zhluktov, Boris Alexandrov und Sergei Kapustin das rot-weiße Trikot. Zusätzlich ergänzt wurde das Team um die beiden Kanadier Earl Morris und Patrick Laughton, die beim damaligen Zweitligisten aus Villach unter Vertrag standen. So entwickelte sich vor 2.800 Zuschauern in der Stadthalle ein gefälliges Spiel, dem allerdings ob der ungleichen Kräfteverhältnisse stets der Charakter einer Trainingspartie anhaftete. Ohne auf das sprichwörtliche Gaspedal treten zu müssen brachten die Sowjets das Publikum verzückende Spielzüge auf das Eis, letztlich trugen sie einen 11:4-Erfolg davon. Die Treffer der „KAC“-Mannschaft an diesem Abend erzielten die „Gastspieler“ Alexandrov und Laughton, Rotjacken-Stammkraft Igor Dmitriev schrieb gegen seine Landesleute doppelt an. Vier Tage nach dem Gastspiel in Klagenfurt eröffnete die Sowjetunion das Olympische Eishockeyturnier mit einem 16:3-Erfolg gegen Österreich, auf den in der Finalrunde fünf Siege in ebenso vielen Partien folgten: Zum vierten Mal in Serie (nach 1964, 1968 und 1972) ging Olympiagold an die UdSSR.
Ins leere Tor zur Titelverteidigung
26.02.1977 / Klagenfurter AC – ATSE Graz (4:2)
Zur Spielzeit 1976/77 kehrte die heimische Bundesliga wieder zum Playoff-System zurück, die ersten Vier der sieben Teams umfassenden Meisterschaft qualifizierten sich für das Halbfinale. Dort hatte der Grunddurchgangssieger aus Klagenfurt kein Problem mit dem EC Innsbruck, mit drei glatten Siegen (9:1, 8:3 und 6:1) buchte der Rekordmeister das Finalticket. In der „Best-of-Five“-Endspielserie um den Titel gegen den ATSE Graz wackelte der KAC allerdings gewaltig: Auf den rot-weißen Auftakterfolg auf eigenem Eis folgten zwei Siege der Steirer, die damit in der vierten Begegnung die Chance hatten, sich in heimischen Gefilden zum Meister zu krönen. Weil Herbert Pöck in Minute 46 die ATSE-Führung aus dem ersten Abschnitt egalisierte, ging die Begegnung in die Verlängerung, in der nach nur 26 Sekunden Igor Dmitriev für die Erlösung aus KAC-Sicht sorgte und die Finalserie damit zu einem fünften und entscheidenden Spiel zurück nach Klagenfurt brachte. Die entsprechende Euphorie unter den Kärntner Eishockeyanhängern sorgte am Folgetag für tumultartige Szenen vor der Vorverkaufsstelle des Landesreisebüros, wie einst in den 1960er-Jahren musste in den langen Warteschlagen die Polizei ordnend eingreifen. Am Tag der Austragung von Spiel fünf, einem Samstag, bildeten sich bereits ab dreieinhalb Stunden vor dem ersten Faceoff Menschentrauben an den Eingängen, letztlich war die Stadthalle mit 5.500 Zuschauern proppenvoll. Spät im temporeichen ersten Abschnitt brachte Herbert Pöck die Klagenfurter mit einem Powerplaytreffer in Führung, ein Doppelschlag in den Minuten 25 und 26, für den der erst 18-jährige Helmut Koren und Alexander Sadjina verantwortlich zeichneten, sorgte für eine komfortable 3:0-Führung. Doch der ATSE, in dieser Finalserie ein großer Gegner, kämpfte sich in die Partie zurück und schaffte früh im Schlussabschnitt den Anschlusstreffer zum 3:2. Das Spiel und damit die Meisterschaft standen nun auf des Messers Schneide: Immer wieder rettete der überragende Karl Pregl im KAC-Kasten seine Mannschaft, die, körperlich von einer langen und intensiven Saison gezeichnet, teilweise nur noch mit Icings zu kurzen Verschnaufpausen kam. Letztlich ging aus rot-weißer Sicht aber alles gut: Als Graz schon längst mit sechs Feldspielern anrannte, exakt 22 Sekunden vor dem Ende, versenkte Herbert Gasser den Puck im verwaisten Gehäuse. Der exakt 100. Bundesligatreffer des Eigenbauspielers, gleichzeitig der vorletzte seiner Karriere, fixierte das 18. Championat des KAC in seiner Vereinshistorie.
Erstes Derby seit über 14 Jahren
11.10.1977 / Klagenfurter AC – EC VSV (9:0)
Der 1962/63 mit nur einem Saisonsieg aus der damaligen Nationalliga abgestiegene EC VSV kehrte 14 Jahre später wieder in die höchste Spielklasse, nun Bundesliga, zurück. Damit kam es ab der Spielzeit 1977/78 wieder zu Kärntner Derbys, das erste davon wurde gleich am zweiten Spieltag in Klagenfurt ausgetragen. Die Begegnung sollte zu einer sehr einseitigen werden, der Aufsteiger aus Villach lieferte ein Rückzugsgefecht und kam selbst kaum zu aussichtsreichen Torchancen. Obwohl Goalie Manfred Suppan im Gehäuse der Draustädter eine saubere Vorstellung ablieferte, musste er den Puck gleich neun Mal aus den Maschen fischen. Bereits in Minute zwei erzielte Herbert Pöck das Game Winning Goal, seine Linie mit Rudolf König und Alexander Sadjina zeichnete an diesem ersten Derby-Abend seit 14 Jahren und neun Monaten für nicht weniger als sechs Treffer verantwortlich. Eigenbauspieler Alfred Woath sowie die beiden Legionäre Barry Salovaara aus Kanada und Seppo Ahokainen aus Finnland trugen sich jeweils ein Mal in die Schützenliste ein. Am lautesten brandete der Jubel in der mit 4.800 Fans nahezu ausverkauften Stadthalle jedoch nicht nach einem der Torerfolge oder zur den 9:0-Endstand fixierenden Schlusssirene auf, der euphorischste Moment ergab sich bereits vor Beginn der Partie. Dort sollte ursprünglich das Klagenfurter Eishockeyidol Josef Puschnig in den Ruhestand verabschiedet werden, das erste Ligaheimspiel der neuen Saison sollte dazu den würdigen Rahmen bilden. Doch der Stürmer, damals 31 Jahre alt, änderte in der Nacht zum Spieltag seine Meinung, revidierte den Gang in die Eishockeypension und kündigte direkt vor dem Kärntner Derby sein Comeback an. Zwei Tage später centerte er im Europacup-Auswärtsspiel in Bolzano/Bozen wieder Klagenfurts erste Sturmformation, der „Karawankenbär“ war zurück.
Der 50er als Schlusspunkt der Saison
23.02.1979 / Klagenfurter AC – Wiener EV (4:1)
Nachdem der ATSE Graz den österreichischen Meistertitel 1978 (zum zweiten Mal nach 1975) in die Steiermark geholt hatte, erwuchs ihm in der Kapfenberger SV ein mächtiger Konkurrent im eigenen Bundesland: Angeführt von den beiden sowjetischen Stürmern Valentin Gureyev und Alexander Martynyuk mischten die Obersteirer die Bundesliga auf und beendeten den Grunddurchgang 1978/79 sogar auf dem ersten Platz. In der über die Titelvergabe entscheidenden Meisterrunde der Top-Vier gelang es den Rotjacken jedoch, Kapfenberg noch zu überholen und sich schließlich auch das 19. Championat der Klubgeschichte zu sichern. Im Showdown um die Meisterehre am sechsten und letzten Spieltag war allerdings nicht mehr die KSV der direkte Konkurrent der Klagenfurter, vielmehr hätte sich der Wiener EV in der Stadthalle zum Titelträger aufschwingen können. Vor selbstredend ausverkauftem Haus wurden die Nerven der KAC-Anhänger lange auf die Probe gestellt, nach einem Ahokainen-Tor in Minute 24 blieb es bis in den Schlussabschnitt hinein bei einer schmalen 1:0-Führung für die Klagenfurter. Es folgten 52 magische Sekunden: Zwischen 43:15 und 44:07 erzielten die Rotjacken durch Alexander Sadjina, Thomas Cijan und Rudolf König nicht weniger als drei Treffer, Silvester Staribachers Torerfolg (53.) war aus WEV-Sicht nur noch Ergebniskosmetik. Es war demnach der Klagenfurter Eishockeyikone Rudolf König vorbehalten, den letzten Treffer einer für seine Mannschaft erfolgreichen und für ihn selbst denkwürdigen Spielzeit zu erzielen: Dem Stürmer, damals 29 Jahre alt, gelangen in dieser Saison nicht weniger als 56 Tore in Bewerbsspielen, ganze 50 davon in der Bundesliga – beides Höchstwerte im Verlauf seiner 16 Jahre in der Kampfmannschaft seines Heimatvereins. Der personifizierte Goalgetter drückte dem KAC insbesondere in den späten 1970er- und frühen 1980er-Jahren seinen Stempel auf: In jeder der sieben Spielzeiten von 1976/77 bis 1982/83 verbuchte Rudolf König zumindest 40 Pflichtspieltreffer – bei den Rotjacken zuvor und danach unerreichte Konstanz auf höchstem Level.